(Wochenreport in der "Auf einen Blick" vom 22.5.03 Nr.22)
Schon wenn ich diese aufreißerischen Schlagzeilen lese, kommt bei mir die Frage hoch, ob es sich hier um den Versuch der Volksverhetzung handelt. Unter "Die Ehrlichen" sind offenbar die Menschen gemeint, die einer Erwerbsarbeit nachgehen und in das Sozialsystem einzahlen können. Und "Die Cleveren" sind jene, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen und keine Beiträge leisten.
Und der Bundes-Rechnungshof muß die Legitimation für die arrogante Hetze gegen die Verlierer unfähiger Wirtschafts- und Sozialpolitik liefern. "...eine Million Erwerbslose wollen keinen Job.", heißt es im Report von Klaus D.Zelgin.
Selbst wenn diese Million Arbeitslose geläutert werden können, würde der größte Teil dieser Million trotzdem und beim besten Willen keinen Job bekommen bei dem derzeitigen verheerend geringfügigen Job-Angebot.
Warum also wird diese Tatsache unterschlagen? Stattdessen wird der Eindruck erweckt, als gäbe es tatsächlich eine so große Zahl Arbeitsunwilliger. Was soll damit bezweckt werden? Die übrigen vier Millionen Arbeitssuchende bleiben schön im Hintergrund. Woran erkennt eigentlich der arbeitsame, ehrliche Bürger solche Pappeneimer auf der Straße? Ist es ihnen Schmarotzertum auf die Stirn geschrieben? Oder muß sich jeder Arbeitslose selber an die Stirn heften, dass er nicht dazu gehört, er also nicht gemeint sein kann?
Künftig, spätestens nach diesem journalistischen Meisterwerk der Volksverdummung made by Zelgin können Erwerbslose nicht mehr unter die Menschen treten, ohne in den Verdacht zu geraten, nicht auch arbeitsscheu zu sein. Und sie können das auch niemanden so ohne weiteres beweisen.
Klaus D. Zelgin übrigens wird froh sein können, wenn sich arbeitslose Menschen noch die TV-Zwangsgebühren leisten können als eine der Vorraussetzungen zum Kauf einer TV-Programmzeitschrift. Er kann folglich auch froh darüber sein, wenn sich dieses Klientel den Kauf der TV-Zeitschrift "Auf einen Blick" überhaupt leistet.
Was käme auf die Lohnabhängigen dieser Zeitschrift zu, wenn dieser Absatzmarkt plötzlich wegbrechen würde?
Auch Herrn Zelgin würde seine oder eine seiner Erwerbsplattformen unter den großen Füßen einfach weggezogen. Und schlimmstenfalls würde er sich dann im Heer der Arbeitslosen, der "Sozialschmarotzer", der Verdächtigen, einordnen und mit dem Brandmal herumrennen müssen.
Wenn Missbrauch stattfindet, wird dieser auch von den Arbeitsämtern verfolgt. Und wenn einige "Missbräuchler" tatsächlich durch die Lappen gehen, heißt das noch lange nicht, dass Arbeitslosen grundsätzlich per Rundumschlag das Brandmal des Sozialschmarotzers auf die Stirn gedrückt werden darf.
Auch nicht durch aufmacherische Beiträge eines Klaus D. Zelgin.
Mit freundlichen Grüßen. Klaus R. - 21.05.03 | zurück