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Fallstrick ALG II

ALG II unter erleichterten Voraussetzungen?

wenn ein ALGII -Bezieher über 58 Jahr alt ist, wird ihm ggf. vom Fallmanager freundlich angeboten, ein Schriftstück zu unterschreiben, mit dem er sich offensichtlich selber bloßstellen soll: Bezug von ALGII unter erleichterten Voraussetzungen (§ 65 Abs.4 SGB II mit § 428 SGB III). Abgesehen von der Brisanz der Formulierungen der Bedingungen, die der Unterzeichner vorgibt zu erfüllen, ist nicht sichergestellt, dass diesem nicht genau das - je nach Kassenlage der Kostenträger - eines Tages vorgehalten wird, wenn ihm die Fortzahlung von ALG II schließlich doch versagt werden soll, um öffentliche Gelder einzusparen.

Meine Frage:

Wie verlässlich ist nun dieses auf eine gesetzliche Basis gestellte "Angebot" wirklich? Ist das ein hundserbärmlicher Fallstrick oder nicht?

Leider ist in der jüngsten Vergangenheit die Seriösität von Gesetzen, von gesetzlichen Regelungen allemal vom Hick Hack der Politiker und der Rechtssprechung selber infrage gestellt worden. Z.B. die damalige Zusage an 58 Jahre alte Arbeitslosenhilfebezieher, bis zum Renteneintritt jene Leistungen weiterhin zu erhalten, wenn sie dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen wollen (weil die Chancen einer Arbeitsaufnahme gleich Null sind). Mit der Einführung von Hartz 4 war diese Zusage ganz plötzlich nichts mehr wert und die betreffenden Personen rutschten in Hartz 4 und streiten heute noch vor Gericht.

Genauso könnte es heute denjenigen 58-jährigen ergehen, die das auf den ersten Blick harmlose wie freundliche Angebot des vielleicht selbst arglosen Arbeitsvermittlers arglos annehmen. Plötzlich sind sie aus dem ALG II ganz raus und finden sich im Status der Sozialhilfe wieder, mit all den damit verbundenen noch weiterreichenden sozialen Konsequenzen! Selbst den Vermittlern derartigen Angebots scheint die Tragweite dessen nicht wirklich bewußt zu sein.

Mir selber kommt es so vor, als wollen die Verantwortlichen für die im Erklärungspapier benutzten Formulierungen die in die Enge getriebenen betroffenen Menschen hinterhältig ins offene Messer laufen lassen. Vielleicht sehe ich das zu eng, aber der Charakter jener Formulierungen hat die Grenze zur Aufforderung zur Selbstbezichtigung eindeutig überschritten. Warum muss ein Angebot an die Menschen, deren Chancen nahezu gleich Null sind, je wieder im Arbeitsmarkt fußfassen zu können und denen das Wasser ohnehin bis zum Hals steht, ein derartig unseriöses "Geständnis" aufgebürdet werden? Ginge das nicht auch mit einem gewissen Respekt und mit Achtung der Menschenwürde? Mit fair play?

Wer mit seinen beiden Beinchen auf dem Boden der Tatsachen steht und sich nicht selber was ganz Idiotisches vormacht wird sehr genau wissen, dass bei aller jüngst aufgekommenen Euphorie bezüglich der Veränderungen am Arbeitsmarkt nicht einmal junge, dynamische Menschen eine echte, für eine gesunde Lebensplanung notwendige nachhaltige Chance erhalten, am vermeintlichen plötzlichen Aufschwung teilzuhaben. Noch viel weniger ältere Arbeitssuchende! Da müssen wir wirklich nicht um den heißen Brei herumreden. Also, warum diese fiesen Fußangeln bei der Inanspruchnahme eines zunächst gut gemeinten, der Realität Rechnung tragenden Angebotes, ALG II als Überlebensleistung unter erleichterten Voraussetzungen zu erhalten? Wenn das ein anständiges, ein faires Angebot sein soll, dann sollten diese verfänglichen Formulierungen aus dem Gesetzestext verschwinden!

Wer von den im Hintergrund agierenden, pfiffigen Zeitgenossen hat sich sowas Fragwürdiges überhaupt ausgedacht? Wie muss jemand als Mensch beschaffen sein, um derartige Lippenbekenntnisse desjenigen abzupressen, dem ein solches Angebot vorgelegt wird und der es annehmen will? Für mich tragen solche Formulierungen etwas in sich, das ich als Ausdruck tiefer Menschenverachtung bezeichne.

Klaus, 05.05.07

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