Schreiben eines Arbeitslosen an Herrn xxx, Fallmanager, Fachdienst für Beschäftigung und Arbeit xxx

Die ALG II-Falle für Arbeitslose ab 58

Hallo verehrter Herr xxx,
Ihr freundliches Angebot vom 12.04.06 bezüglich der Möglichkeit, ab dem Alter von 58 Jahren den Bezug von ALGII unter "erleichterten Voraussetzungen" in Anspruch zu nehmen, habe ich mir eingehend zu Gemüte geführt.

Um ehrlich zu sein, hat mich der Informationstext zur Inanspruchnahme besagter "Erleichterungen" sehr irritiert. Formulierungen wie "Die Regelung ist für...Arbeitnehmer. ..bzw. Hilfebedürftige... gedacht, die nicht mehr an der Aufnahme einer neuen Beschäftigung interessiert... und nicht mehr arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit...zu beenden sind für mich höchst problematisch..

Wer auch immer sich derartig verfängliche Formulierungen ausgedacht haben mag, für mich sind diese Formulierungen äußerst fragwürdig und haben etwas Unfreundliches, ja Verächtliches an sich. Wie wir alle tagtäglich zur Kenntnis nehmen müssen und in der jüngsten Vergangenheit wahrgenommen haben ist doch, dass die Aussagen der Politiker und deren aus dem Boden gestampften Gesetze und der zu oft zutagegetretene blinde Aktionismus nicht gerade vertrauensbildend und gleichwohl nicht vertrauensfördernd sind. Was heute gilt, kann schon morgen ins Gegenteil gekehrt und gegen einen gerichtet werden. Und wie soll es dann weitergehen? Errettung durch die Aufnahme einer Erwerbsarbeit ist so gut wie ausgeschlossen - aus den uns allen hinlänglich bekannten Gründen. Wenn dem nicht so wäre, würde ich nicht dieses Essay schreiben, sondern einer "die Ehr' rettenden Tätigkeit" nachgehen.
Hier geht es schließlich um die Aufrechterhaltung der nackten Existenz!

Immerhin ist doch eine der entscheidenden Voraussetzungen für die Gewährung des ALGII die unbedingte Bereitschaft des erwerbsfähigen Arbeitslosen, genau das zu erbringen, was die "erleichterten Bedingungen" ausschließen.

Wenn die Situation auf dem Arbeitsmarkt so bleibt oder sich erwartungsgemäß noch verschlechtert, oder andere Projekte wie zum Beispiel das angestrebte Familiengeld realisiert werden sollen, werden die verantwortlichen Politiker sowohl im Freistaat als auch in Berlin so rigoros wie bedenkenlos die Leistungen an die ALGII-Bezieher weiter nach unten reformieren, korrigieren und noch gerechter gestalten, was sonst.

Und dann wird man geradewegs auf die Menschen zukommen, die genau jenes Papier unterschrieben haben, welches für mich mehr als suspekt ist, nämlich die Erklärung zur Inanspruchnahme der erleichterten Voraussetzungen. Man wird diesen Menschen jede weitere Hilfe (unerlässliche Lebenshilfe) verweigern mit dem dann sehr wohl berechtigten Vorhalt, das Bekenntnis zur Arbeitsunwilligkeit und das eigene Desinteresse an einer Vermittlung in Arbeit eigenhändig unterschrieben und damit dokumentiert zu haben.

Haben die Menschen, die für den § 65 Abs. 4 SGB II i. V. mit § 428 SGB III auch ganz persönlich verantwortlich sind, bei seiner sprachlichen Ausgestaltung gänzlich übersehen, was denen tatsächlich abverlangt wird, die ein solches Papier tatsächlich unterschreiben? Oder ich habe etwas nicht verstanden.

Als "erleichterte Bedingungen" würde ich ein Angebot begrüßen, dass so gestrickt ist, dass ich mich nicht selbst der Arbeitsunwilligkeit und des Schmarotzertums bezichtigen müßte. Eine würdige, eine menschlich akzeptable, eine respektvolle Formulierung hierzu gäbe es bestimmt.

Bitte, verehrter Herr xxx, gehen Sie nicht davon aus, dass dieses Schreiben gleichzeitig die mir zur Unterschrift überreichte "Erklärung" bedient "Wie entscheiden Sie sich?"

Ich werde selbstredend jederzeit eine Erklärung unterschreiben, durch die ich nicht als arbeitsscheu vorgeführt werde.

Mit freundlichen Grüßen...

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